11 October 2010

Mafia 2: Test zum Blockbuster-Spiel

Kann das Spiel die hohen Erwartungen erfüllen? Hier ist der große Test zum cineastischen Actionfeuerwerk.

Italienische Mafia in den USA
Vito Scaletta ist der Protagonist des zweiten Mafia-Spiels, denn Mafia 2 ist der Nachfolger von Mafia: The City of Lost Heaven, das vor 8 Jahren erschien. Vito erzählt die Geschichte seiner Familie, die in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Sizilien nach Amerika aufbrach. Dort erwartete die Familie aber nur ein leben in Armut, deswegen hat sich Vito geschworen nicht so zu enden, wie sein Vater, der sein Leben lang für ein paar Dollar am Hafen arbeitete. Deshalb wird der junge Vito früh kriminell und macht illegale Dinge mit seinem Kindheitsfreund Joe. Nach einem Einbruch wird der Hauptcharakter aber geschbappt und als Soldat in den 2. Weltkrieg geschickt. Dort lernt er das Töten und als er schließlich wieder aus dem Krieg zurückkommt muss er seiner Familie helfen Geld aufzutreiben. Zum Glück hat sein Kumpel Joe Kontakte mit der Unterwelt und der Mafia. So ist es ein leichtes an schnelles Geld zu kommen, wenn man über Leichen gehen will.

Spiel à la Hollywood
Mafia 2 spielt also in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Für das Erstellen der atmosphärischen Cut-Scenes hat der Entwickler zwei Jahre lang getüftelt, was sich auch auszahlt, denn diese sind filmreif. Im Laufe des Spiels entwickelt sich aus dem Story-Grundgerüst mithilfe erstklassiger Zwischensequenzen, glaubwürdigen Charakteren, guter deutscher Synchro und einem passenden Soundtrack ein atemberaubendes Spiel, was eine hollywoodreife Story besitzt. Von Ehre und Tradition ist im Spiel nie wirklich die Rede, denn Vito und Joe interessiert nur schnelles Geld und getunte Autos. Die Handlung triebt das Spiel voran und bringt die beiden in hervorragend inszenierte Schießereien. Im Spielverlauf kann man beispielsweise eine Schwarzbrennerei, ein Fabrikgelände, ein Restaurant und eine komplette Hoteletage auseinandernehmen und das nach allen Gesetzen der Physik. Die Schauplätze sind spektakulär und die Physikeffekte sind nahezu die besten, die es in einem aktuellen Spiel gibt. Somit entsteht noch mehr Hollywood-Feeling, das schon allein wegen der atemberaubenden Grafik enorm hoch ist.

Empire Bay
Das Spiel spielt in der fiktiven US-Stadt Empire Bay, die unfassbar detailliert gestaltet wurde. Die Lichtspiele tagsüber sind genauso gut, wie die nächtlichen Lichteffekte, die die Atmosphäre in der Stadt gewaltig unterstützen. Empire Bay ist eine der schönsten Spielwelten in einem Spiel. dennoch gibt es manchmal ein paar unschöne Texturen, hakelige Animationen oder Tearing (Bildzerreißen), was aber keinesfalls die Qualität des Gesamteindrucks verniedrigt. Vor allem Nachts hat man einen wunderschönen Ausblick über die Stadt und am Tag eine klasse Weitsicht, die locker mit Red Dead Redemption mithalten kann. Die Tageszeiten unterscheiden sich je nach Mission und untersteichen das Geschehen.

Zeitgenössische Autos
Mafia 2 verfügt über viele verschiedene Autos aus der Zeit, in der das Spiel spielt. Die nahezu fotorealen Karossen stehen ihren Vorbildern in nichts nach und besitzten ein etrem detailliertes Schadensmodell. Die Steuerung der Fahrzeuge ist arcade-lastig und geht teilweise gut, teilweise schlecht von der Hand. Zudem kann man im Hauptmenü einen Simulationsmodus anstellen, wodurch das Heck eures Boliden gerade auf rutschigen Straßen viel leichter ausbricht oder man von der Straße abkommt. Das ist was für Realismus-Fans! Nur in dieser Variante werden Verfolgungsjagden mit der Polizei eine Gefahr, im normalen Modus sind diese eher leicht zu bewältigen. Bei manchen Verfolgungsjagden sitzt Joe auf dem Beifahrersitz und ein heitzt den Cops ein, während der Spieler selbst fährt, selber schießen aus dem fahrenden Auto kann man nicht. Im Verlauf des Spiels wird der Wagen des Spielers schneller, die der Polizisten aber nicht. Die Autos kann man dreistufig tunen und deren Aussehen im Detail verändern, sowie auch Reparaturen vornehmen lassen. Insgesamt sind die Verfolgungen der Polizei zwar weniger nervig, aber dadurch auch nicht so anspruchsvoll wie im Vorgänger.

Polizei-System und Shoppen
Nach zu schnellem Fahren oder einem Unfall bekommt man erstmal einen Strafzettel. Zahlt man diesen nicht, wartet im Fahndungslevel 2 die Festnahme. Bei der dritten Stufe wird direkt auf den Mafiosi geschossen und bei Gewalt gegen die Polizei kommt man auf die vierte Stufe, also das höchste Level. Wenn die Cops dem Spieler lange genug an den Fersen kleben, dann geben sie eine Personenbeschreibung und das Kennzeichen durch. Dann helfen nur noch das Wechseln des Kennzeichens oder gleich des ganzen Autos in einer Werkstatt, sowie das Tragen von anderen Klamotten. Vito kann in jedes Geschäft gehen und sich neue Anziehsachen kaufen oder natürlich auch klauen. Zudem kann man sich Anzüge maßschneidern lassen und viele andere Kleidungsstücke erwerben. Wenn man von der Polizei gestellt wird, hilft nur Bestechung oder Flucht.

Strikter Spielfluss
Auch wenn der Einstieg genial ist und das Spiel zum Durchspielen motiviert, vor allem die Story, gibt es nach etwa der Hälfte der zwölfstündigen Spielzeit ein paar Ernüchterungen. Die Handlung ist packend, aber der Spielablauf leidet unter dem teilweise engen Story-Korsett. Freizeitbeschäftigungen gibt es in Empire Bay nicht, da sie nicht mehr in die Spielwelt gepasst hätten, meint der Entwickler. Genauso sieht es bei den Nebenmissionen aus, die auch nicht of vorhanden sind und sich nur auf wenige Situationen beschränken. Somit sollte der Spielfluss nicht gefährdet werden laut Entwickler, was schade ist, denn beim Vorgänger hatte das noch problemlos geklappt. Nach und nach merkt man dann auch, dass die Missionen zwar stimmig, dramatisch und spannend sind, aber immer nach einem gleichen Schema ablaufen von dem fast nie abgewichen wird. Autorennen oder gefährliche Fahrzeugmissionen gibt es in Mafia 2 nicht. Spontane Sequenzen (wie bei Red Dead Redemption) bei den Fahrten von A nach B sind auch nicht vorhanden, sie hätten  aber die nötige Abwechslung ermöglicht. Man sieht z.B. nie andere Mafiosi durch die Stadt fahren, wird nie Zeuge eines Verfolgungsjagd oder springt über eine sich grad schließende Zugbrücke. Und mehr als ganz normale Straßenautos gibt es im zweiten Teil auch nicht zu fahren.

Open-World ohne Open-World-Flair?
Die gerade genannten Open World-Elemente lassen sich, wie gesagt, nicht in Mafia 2 finden, stattdessen verfügt das Spiel über ein überraschend lineares Spielerlebnis, denn es gibt keinen sinnvollen Anreiz die große Spielwelt zu erkunden. Man kann natürlich Geschäfte ausrauben, in Bars gehen, in die Werkstatt gehen oder sich Anziehsachen kaufen gehen, was aber alles keinen allzu großen spielerischen Wer hat. Dennoch motiviert das kostenpflichtige Tunen der eigenen Wagen, die z.B. mit einer speziellen Rennlakierung verschönert oder mit Motor-Upgrades gepimpt werden können. Schlecht ist es, wenn man mit den eigenen super-gestylten Auto zu einer Mission fährt und danach feststellt, dass das Auto weg ist. Man könnte zwar den Spielstand laden, aber die Speicherpunkte im Spiel sind eher selten. Ein weiterer Grund warum das Spiel nicht alle Erwartungen erfüllen kann, sind die nichtfordernden Schusswechsel, denn wenn man den Trick mit der Deckung einmal raushat und mit dem Schießen geübt ist, kann man die Gegner reihenweise leicht ausschalten. Dazu kommt, dass die KI der Feinde ziemlich schlecht im Vergleich zu aktuellen Spielen ist.

Cineastisches Actionfeuerwerk
Die Fehler und kleinen Macken des Spiels kriegen keineswegs die erstklassige Atmosphäre klein, die nachwievor alle Defizite übertrifft. Dennoch steckt der Teufel im Detail, weshalb auch kleinere Schwächen des Spiels auffallen. Diese gefallen bestimmt nicht allen, man kann jedoch zum größten Teil über sie hinwegsehen, doch insgesamt hätte der Entwickler mehr Open World-Feeling in das Spiel packen können. Schon allein die Story drücken die Fehler in den Hintergrund und das großartige Spielgefühl besticht von der ersten Sekunde. Die PC-Version besitzt bei Mafia 2 vielleicht sogar die beste Grafik, hat eine klasse Kantenglättung, schärfere Texturen als die Konsolen-Versionen und tollere Lichteffekte, sowie auch bessere Partikeleffekte. In Feuergefechten erhöht sich die dichte Atmosphäre noch mehr, wenn man umherfligende Splitter, zerberstendes Glas und bombastische Explosionen bestaunen kann. So hat man das Gefühlt mitten in der Spielwelt zu stecken. Insgesamt überzeugt Mafia 2 mit glanzvoller Technik, hollywoodreifen Szenen, tollen Charakteren und einer schönen Spielwelt mit vielen Features, wie den realistischen Autos. Dennoch sind die Kämpfe zu eintönig, die KI ist eher schlecht und das Spiel ist für ein Open-World-Spiel zu linear. Mafia 2 ist ein großartiger Ausflug in die Mafia-Welt mit durchwachsener Story, wobei nicht alle Erwartungen erfüllt werden konnten. Aber welches Spiel ist schon wirklich perfekt?



Wertung
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Game: Mafia 2
Genre: Open World-Shooter
Hersteller: 2K Games
Entwickler: 2K Czech
System(e): PS3, Xbox 360, PC
Release: 27.08.2010
USK: ab 18, uncut
Spieler: offline: 1,online: 0
Text/Stimmen: deutsch/deutsch
Website: http://www.mafia2game.com/
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Grafik: [■│■│■│■│■│■│■│■│■│_] → 90%
Sound:
[■│■│■│■│■│■│■│■│_│_] → 88%
Gameplay: [■│■│■│■│■│■│■│■│_│_] → 85%
Story:
[■│■│■│■│■│■│■│■│■│_] → 88%
Dauerspaß:
[■│■│■│■│■│■│■│■│_│_] → 87%
Multiplayer: nicht vorhanden
(alles in %, von 0-100)
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Fazit: Insgesamt ist Mafia 2 technisch und atmosphärisch auf einem ganz hohen Niveau. Dennoch fehlt das spielerische Etwas, sowie ein bisschen mehr Abwechslung neben der tollen tiefgehenden Story, die Lust auf mehr macht.

Wertung: 8,8/10 → 88%



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