Hier ist der große Test zum Spiele-Highlight von Rockstar Games und Team Bondi.
Das vielleicht aufwendigste Spiel aller Zeiten
L.A. Noire entstand in einer Zeit von sechs Jahren beim Entwickler Team Bondi und dem Publisher Rockstar Games. In dieser langen Zeit wurden die Gesichtsbewegungen von ca. 300 echten Schauspielern per Motion Scan aufgenommen und ins Spiel integriert. So wirken die Gesichtsanimationen der Figuren im Spiel unglaublich detailtreu, sodass man jede Emotion des Charakters ablesen kann. Und das ist eines der Hauptelemente des Action-Adventures. Man spielt als Cole Phelps, ein ehemaliger Soldat im Zweiten Weltkrieg, der sich nach seiner Rückkehr in die USA im LAPD - Los Angeles Police Department - hocharbeiten will. L.A. Noire spielt im Jahr 1947 und die Stadt Los Angeles wurde zeitgemäß authentisch umgesetzt. Doch bevor ich zum Gameplay komme, muss noch gesagt werden, dass das umfangreiche Drehbuch 20 Stunden Dialoge wiedergibt, sodass die Handlung des Spiels sehr komplex ist. Außerdem wurden viele Ansichten der Menschen aus der Nachkriegszeit perfekt ins Spiel übernommen. So herrscht ein bedrucktes Gefühl in der Stadt, Menschen reden über den Krieg und haben Vorurteile. Thematisiert wird auch das damalige Frauenbild und die Rassentrennung sowie Korruption und Moral bei der Polizei. Genau zu dieser Zeit wird in den USA ein Mythos geboren: Hollywood. Doch mit dem Glamour kommt auch die Kriminalität in die Stadt. Hier kommt der Spieler zum Zug.
Los Angeles, California - 1947
Cole Phelps will in L.A. die Kriminalität besiegen und beginnt als Streifenpolizist seine Karriere. Die ersten Fälle stellen hierbei eine Art Tutorial dar. Sie sind nicht allzu lang und stellen die Ermittlung im Spiel vor. Nach kurzer Zeit wird man befördert und befindet sich nun im Verkehrsdezernat. Die Fälle werden nun länger und man braucht durchschnittlich fast eine Stunde bis man den Fall gelöst hat. Das Spiel ist so aufgebaut wie eine TV-Serie. Es gibt 21 Fälle, bei denen man die fünf Abteilungen des LAPD durchläuft, woraus eine Spielzeit von gut 20 Stunden resultiert. Zudem gibt es zusätzlich noch 40 Nebenmissionen, die sog. Straßenverbrechen. Nach dem Verkehrsdezernat landet man bei der Mordkommission, bei der Sitte und schließlich bei der Brandermittlung. In jeder Abteilung steht dem Spieler ein Partner zur Seite. Im Spiel werden Ermittlungsarbeiten und Action kombiniert. Um einen Fall zu lösen beginnt man mit der Suche nach Hinweisen, mit dem Verhören von Zeugen und Verdächtigen. Zu Beginn muss man zum Tatort fahren, man kann dies aber auch dem Partner überlassen. Die originalgetreuen Autos im Spiel fahren sich gut und ohne Probleme. Die insgesamt 95 echten Fahrzeuge weisen auch ein hübsches Schadensmodell auf. Dennoch sollte man es nicht so oft zu Karambolagen kommen lassen, denn dies geht negativ in die Gesamtwertung eines Falls ein, genauso wie Fehler bei der Ermittlungsarbeit, beim Finden von Beweisen und beim Verhören von Personen. Gelangt man am Tatort an, klärt einen ein Polizist über den Vorfall auf und der Gerichtsmediziner berichtet über den Todeszeitpunkt und die mögliche Todesursache der Leiche bzw. die Verletzungen. Jetzt ist es am Spieler den Fall zu lösen.
Ermittlungen und Verhöre
Zunächst untersucht man den Tatort um Beweismittel sicherzustellen, die einem später bei den Verhören helfen. Will man die Leiche untersuchen, beugt man sich über den oder die Tote und kann nun mit dem Analogstick die Hand von Phelps bewegen und die Körperteile ansteuern, die man untersuchen will. Danach beginnt man nach Beweisen in der Umgebung zu suchen. Steht man neben einem verdächtigen Gegenstand, vibriert der Controller und es ertönt eine Melodie. Hat man alle Hinweise gefunden, hört man eine andere Melodie. Die Töne kann man ausschalten, doch sie sind sehr hilfreich bei der Suche, denn die Spielumgebung ist sehr detailreich gestaltet, was es schwierig macht Beweise zu erspähen. Schließlich kommt es zum Kern des Crime-Spiels, nämlich zu den Verhören. Manche Verhöre finden direkt am Tatort statt, in Bars oder Restaurants bzw. an den Plätzen an denen das Opfer oft war und natürlich auf dem Polizeihauptrevier. Man kann Zeugen und potientielle Täter verhören und geht dabei nach folgendem Schema vor: Man arbeitet Fragen ab, die im Notizbuch von Phelps stehen, dass er selbstständig führt. Dort werden auch die gefundenen Beweise eingetragen. Die Fragen basieren auf den gefundenen Hinweisen und der Gegenüber des Spielers antwortet auf diese. Nun kann man anhand der perfekten Gesichtsanimationen und der Stimme der befragten Person erkennen, ob die Person lügt oder die Wahrheit sagt. Eine weitere Option ist das Anzweifeln von Antworten, dennoch sollte man aufpassen, wie man auf die Personen reagiert. Ist man zu agressiv, ist der Gegenüber eingeschüchtert und wird nichts mehr sagen, ist man zu gutmütig, hilft einem das bei der Suche nach der Lösung auch nicht weiter. Demnach sollte man nur jemanden der Lüge bezichtigen, wenn die Antworten der Person eine Widersprühlichkeit im Bezug auf die Beweise darstellen, denn sonst schwächt man die eigene Person während des Verhörs. Im Verlauf des Spiels werden die Verhöre immer schwieriger, da auch die Menschenkenntnis wichtig ist. Die Verhöre sind das warscheinlich beste Highlight des Spiels, denn sie lenken den Fokus noch mehr auf die detailreichen Gesichtsanimationen und bringen auch viele Emotionen herüber. Am Ende eines Verhörs erfährt man bei wie vielen Fragen und Einschätzungen man richtig lag. Gut ist auch, dass sich jeder Fall anders entwickelt im Bezug darauf, wie viele Hinweise man gesammelt hat und wie die Verhöre verlaufen sind.
Social Club, Features und Actionelemente
Pro Fall erhält man am Ende in der Gesamtwertung bis zu 5 Sterne, man steigt im Rang auf und man kann Fahrzeuge, Outfits, Waffen und weitere Gegenstände freischalten. Zudem schaltet man auch die sog. Intuitionspunkte frei, die es einem ermöglichen bei Verhören ein paar falsche Fragen ausblenden zu lassen und bei der Suche am Tatort kann man sich somit für kurze Zeit idie Orte aller Beweise anzeigen lassen. Ein weiteres Feature ist hier der Rockstar Social Club, in dem man die anderen menschlichen Mitglieder nach Lösungen und Tipps fragen kann und sehen kann, wie sich die anderen Spieler bei Verhören entschieden haben. Außerdem hat man im Social Club einen Überblick über die eigene Statistik und die der anderen Spieler weltweit. Besonders spannend wird es aber, wenn sich der Täter nicht automatisch ergibt, denn dann bleiben zwei Verdächtige übrig, die man dann einzeln befragen und am Ende entscheiden muss, wen man hinter Gitter steckt. Manchmal eine ganz schön schwere Entscheidung. Dennoch gibt es in L.A. Noire keine schweren Rätsel, die für das Adventure-Genre typisch sind. Manchmal muss man nur einen Gegenstand zusammensetzen oder dem Partner helfen. Dazu kommen aber später die Geschicklichkeitseinlagen, wenn man beispielsweise über einen Baumstamm balancieren muss. Neben den Hauptfällen gibt es auch Nebenmissionen, diese ersetzen die Aktivitäten von Red Dead Redemption und Grand Theft Auto 4. In diesen Missionen ist der Actionanteil deutlich höher als in den Hauptfällen, denn hier geht es um Schlägereien, Schießereien, und Verfolgungsjagden. Diese 40 Nebenfälle ergeben sich oft auch während des Lösens eines Hauptfalls z.B. auf dem Weg zu einem Zeugen. Man kann die Nebenmissionen aber auch ignorieren, Konsequenzen muss man hier nicht erwarten. Schließlich kann man die Nebenaufgaben auch nach dem Durchspielen der Hauptmissionen vornehmen, denn im "Freien Modus" kann man durch die Stadt cruisen und nebenbei auch Fahrzeuge, Zeitungen, Wahrzeichen und Filmrollen sammeln. Obwohl das Spiel den Fokus bewusst mehr auf die Ermittlungsarbeit legt, kommt die Action viel zu kurz. Actioneinlagen sind spaßig und verleihen dem Spiel noch mehr Abwechslung. Davon hätte es ruhig mehr geben können. Manchmal wird man bei Verfolgungsjagden auch selbst gejagt und die Schießereien überzeugen vor allem durch die Zielhilfe. Alle 21 Hauptmissionen ergeben zusammen außerdem eine grobe Handlung und Geschichte und verbinden sich so miteinander. Der Schwierigkeitsgrad ist nicht sonderlich hoch, sollte man aber nach mehrmaligem Probieren nicht weiter kommen, bietet das Spiel einem an die Stelle zu überspringen. Besonders interessant ist vor allem auch, dass neben den Fällen auch noch das Privatleben der Hauptcharaktere eine Rolle spielt. Das führt dazu, dass man nicht immer nur als Cole Phelps spielt.
Die Technik der Stadt der Engel
L.A. Noire ist das Spiel mit den schönsten und besten Gesichtsanimationen. Selbst Heavy Rain ist im Bezug darauf ein bisschen schwächer. Die Gesichter sind so detailgetreu, da sie direkt ins Spiel integriert wurden. Man kann so das Wimpernzucken, Blinzeln, Schlucken, Augen verdrehen und viel mehr erkennen, was wirklich grandios ist. Unglaublich authentisch ist auch die Stadt L.A., denn die Stadt im Süden von Kalifornien wurde originalgetreu aim Bezug auf die 40er-Jahren im Spiel rekonstruiert. Das Aussehen der Stadt basiert hier auf echten Aufnahmen und Fotografien von früher. Zur Authenzität wirken auch die Fälle bei, die auf realen, wahren Begebenheiten Taten basieren. Diese wurden zwar nicht immer genau ins Spiel übernommen, da sie an das Gameplay angepasst werden mussten. So entsteht eine sehr dichte Atmosphäre und die Inszenierung ist blendend. Vor allem die Cut-Scenes überzeugen hier mit jeder Menge Emotionen. Von den Verhören muss man an dieser Stelle erst gar nicht sprechen. Rockstar-typisch versprüht das Spiel so viel Liebe zum Detail, Emotionen und eine spannende Story - alles wirkt unglaublich real. Man fühlt sich wegen der filmtypischen Mittel wie in einem interaktiven Film, die Präsentation ist somit wirklich sehr gut gelungen. Im Spiel werden die Filmschnipsel, die eine parallele Handlung ergeben, im Spielverlauf mit der Hauptstory verbunden. Hier ist auch die wunderschöne Grafik zu nennen. Diese kann mit allen aktuellen Spielen mithalten und ist so realistisch wie detailreich. Leider gibt es zeitweise einzelne Ruckler, Detail-Fade-in, Kantenflimmern und ein paar seltene Grafikbugs mit denen man aber leben kann. Der Soundtrack des Spiels entspringt aus den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und unterstützt so das Spielgeschehen perfekt und untermalt es mit verschiedener Begleitmusik. Die Anzahl der Stücke reicht aber nicht an Rockstar-Titel wie GTA 4 oder Red Dead Redemption heran. Die Synchronisation liegt wie immer nur auf englisch vor, es gibt aber deutsche Untertitel, wie man es gewöhnt ist. Die Sprachausgabe passt perfekt zur Mimik und versprüht viel Flair durch die Original-Sprache, die natürlich gut zum Ort des Geschehens passt. Die Steuerung von L.A. Noire geht leicht von der Hand und stellt kein Problem dar. Das Spiel ist vielfältig und unglaublich spannend aufgebaut. Das Gameplay mit dem Fokus auf die Ermittlungsarbeit ist revolutionär und die vielen Details fügen sich zu einem neuen Rockstar-Meisterwerk zusammen. Die Story ist hollywoodreif - passend zum Handlungsort - und die Inszenierung ist herausragend. Dennoch hätte man sich über ein paar mehr Actioneinlagen und fordernde Rätsel gefreut. Insgesamt ist L.A. Noire ein interaktiver Thriller der Extraklasse und ein heißer Anwärter auf das Top-Game 2011.
Wertung
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Game: L.A. Noire
Genre: Action-Adventure
Publisher: Rockstar Games
Entwickler: Team Bondi
System(e): PS3, Xbox 360
Release: 20.05.2011
USK: ab 16, uncut
Spieler: offline: 1,online: 0
Text/Stimmen: deutsch/englisch
Website: http://www.rockstargames.com/lanoire
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Grafik: 9,3/10 → 93%
Sound: 9/10 → 90%
Gameplay: 8,9/10 → 89%
Story: 9/10 → 90%
Dauerspaß: 8,9/10 → 89%
Singleplayer: 9,1/10 → 91%
Multiplayer: -
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3D-Modus: -
Bewegungssteuerungen:
Move: -
Kinect: -
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Fazit: L.A. Noire überzeugt durch atemberaubende Gesichtsanimationen, eine gute Grafik und revolutionäres Gameplay. Alle Spielelemente fügen sich zu einem interaktiven Film zusammmen, den man nicht verpassen sollte - das neue Highlight von Rockstar!
Wertung: 9,1/10 → 91%
■ Jensen6